Als am 01.August 1985 meine Ausbildung zum Koch begann, starteten wir in der Küche des Savoy-Hotels in Düsseldorf zu viert neu: Drei Auszubildende und der Küchenchef!
Damals galt es als „merkwürdig“, warum Abiturienten einen Job, wie den des Kochs lernen wollten und nicht, wie „üblich“, studieren gingen. Bei meinem Kollegen Nummer 1 war es der elterliche Gastronomiebetrieb und bei mir der schlichte Wunsch, genau DIESEN Beruf lernen zu wollen und nichts anderes, weil es mir ganz einfach Spaß machte, zu kochen.
Meine Motivation hielt zunächst genau drei Monate. Dann kam bei unserem dritten Azubi, der etwas jünger war als wir, die Krise. Er hatte Heimweh und mochte nicht mehr kochen, wollte sich dem Stress und dem harten Ton in der Küche nicht mehr aussetzen! Im Personalhaus wohnte er im Zimmer neben mir und so tauschten wir in dieser Zeit unsere Gedanken häufig aus. Er ließ sich nicht von seinen Zweifeln abbringen und gab schließlich auf. Jahre später trafen wir uns zufällig wieder und er berichtete mir, dass er nach der Ausbildung als Orthopädie-Mechniker die Koch–Ausbildung schließlich doch noch nachgeholt hatte! 🙂
Mein zweifelnder Azubi-Kollege schaffte es schließlich, völlig unbewusst, dass auch ich begann, an meiner Ausbildung zu zweifeln. Doch nach ein paar wirklich motivierenden Gesprächen mit meinen Eltern, dem Küchenchef und meinem zweiten Azubi-Kollegen, die allesamt wirklich gute Argumente hatten, die Lehre fortzusetzen, ging es weiter und ich hielt bis zum Ende meiner Ausbildung durch.
Wenn ich heute bei SPIEGELonline lese, dass im Jahr 2011 fast 50% der Koch-Auszubildenden ihre Lehre abgebrochen haben (ARTIKEL), dann kommen die Erinnerungen an meine Ausbildung wieder.
Es war eine klasse Zeit, an die ich überwiegend wirklich gerne zurück denke. Manch eine Situation war auch für mich (uns Auszubildende) hart. Aber schon die Azubi-Generation, die nach uns kam, wirkte auf mich weniger motiviert, weniger durchhaltewillig, weniger belastbar und schneller desillusioniert als wir es zu Beginn waren.
Monate vor Beginn meiner Lehre hatte ich mir bei einem dreitägigen Praktikum in einem Hotel im Ruhrgebiet einen Einblick in die professionelle, reale Küchenarbeit verschafft, die dem Bild von Köchen im Fernsehen so unendlich weit entfernt ist. Aber in DIESEM Hotel hätte ich zum Verrecken (Sorry! 😉 ) meine Ausbildung nie und never begonnen, geschweige denn durchgehalten! Wenn ich mich recht erinnere, ließ ich den dritten Tag des Praktikums entschuldigt ausfallen, denn wie sich dort die Angestellten untereinander verhielten und der Chef mit den Abteilungsleitern umging, kann ich nicht anders beschreiben als „menschlich entwürdigend, absolut respektlos und abwertend“ und das ist wirklich sehr, sehr freundlich formuliert! Selten habe ich in meinem späteren Berufsleben ein so mieses, produktionsfeindliches und demotivierendes Arbeitsklima erlebt, wie in diesem Praktikumsbetrieb.
Eigentlich hätte ich den Wunsch, eine Koch-Ausbildung zu machen, aufgeben müssen, doch ich redete mir ein, in gehobenen Hotels kann es eigentlich nur besser sein. So konzentrierte ich meine Bewerbungen ausschließlich auf Top-Hotels in Essen, Dortmund, Düsseldorf und Köln. Die Auswahl war nicht riesig und es war eine Zeit, in der es fast als Glücksfall galt, eine Lehrstelle zu ergattern.
In der Schule wurde ich belächelt, weil ich mich mit Abitur für eine konventionelle Ausbildung entschieden hatte. Bei unserem letzten Klassentreffen aber, 20 Jahre nach dem Start in mein Berufsleben, durfte ich erkennen, dass meine Idee des Mietkochs Respekt hervor rief. So kann sich die Sichtweise auf etwas ändern… 😉
Ja, die Ausbildung zum Koch scheint heute immer noch wirklich hart zu sein. Nicht nur körperlich! Was soll sich auch geändert haben? Okay, vielleicht ist die Zahl der charakterlich geeigneteren Küchenchefs im Vergleich zu 1985 gestiegen, denn damals war die Zahl jener, die ruhig und gelassen und dennoch zielstrebig und bestimmend an ihre Arbeit gingen, weit in der Unterzahl.
Je lauter, desto durchsetzungsstärker, je cholerischer, desto mehr Respekt und je mehr Alkohol, desto erträglicher die Arbeitssituationen schien in dieser Zeit das Motto zu sein. Und die Geschichten, die mir Azubi-Kollegen in der Berufsschule erzählten, waren, selbst wenn man das Maß an Übertriebenheit auf ein realistisches Maß reduzierte, erschreckend! Da hatte ich mit meinem Ausbildungsbetrieb und meinem Küchenchef / Ausbilder immenses Glück!
Und wer jetzt meint, das sei doch nur Gejammer und jede Ausbildung sei kein Zuckerschlecken…dann liebe Leute…ja dann empfehle ich einfach mal den heimlichen Blick in eine Küche, in der am Abend 100 Essen produziert werden…und das nicht nur aus warm gestellten Töpfen! Und bitte immer auch dazu rechnen, dass man einer derjenigen Köche sein könnte, die körperlich und geistig hoch konzentriert bei großer Hitze und immensem Stress ihre Arbeit gut und gewissenhaft zu erledigen haben! 😉
Wer aber diese Ausbildung durchhält, der hat für sein Leben einen Beruf gelernt, der bei richtiger Spezialisierung eine Menge an Kreativität, Arbeitsspaß und Zufriedenheit bringen kann, auch wenn der Job durchaus ein hohes Maß an Stress mit sich bringt.
Mein Tipp: Während der Ausbildung genau abwägen, ob die Zustände im Arbeitsumfeld tatsächlich unerträglich sind und wenn ja, sich aus der Ausbildung heraus um eine neue Lehrstelle bemühen und eventuell sogar Kontakte nutzen! Motivierte Mitarbeiter mit gewissen Ansprüchen, die aber arbeiten können und wollen, sollten eigentlich gesucht sein! 😉